Wellen-Flüge vom 18.09.04 im Bereich Bad Gandersheim
[Div. Autoren, Bad Gandersheim]

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Bericht von Benjamin Reichardt, LSV Bad Gandersheim:
Datum: 18.9.2004
Zeitbezugssystem: 15:00 UTC / MEZ / MESZ
Startzeit:15:20
Landezeit:17:23
Startort:EDVA
Höhenbezugssystem: 243 QFE (Platzhöhe? )/ QNH / STD
Flugzeugtyp: Ka 8b     
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Bodenwindrichtung:SW
Bodenwindstärke: 3
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Einstieg in die Welle:  in 750m am Sebexer Hang um ca. 16:15
Einstieg aus:              Hangwindwind
Einstieg in Höhe:        750
Steigwerte:                1-1,5 m/s sehr sabil
Erreichte Höhe:          1250 m Abbruch wegen Sunset
Ausdehnung des Steiggebietes:     entlang des Sebexer Hangs südlich von EDVA, nach weiteren Berichten wohl von Northeim bis grobe Richtung Einbeck in einer sehr stabilen langgezogenen Fornt mit gleichbleibenden Steigwerten
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Höhenwindrichtung: SW
Höhenwindstärke:
Temperaturangaben (Inversionen?):
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Freie Schilderung:
Bei einer schon mehrere Tage bestehenden Windrichtung aus Südwest und einer sich aus nord-osten nähernden Kaltfront zeichneten sich schon am Morgen vor dem Flugbetrieb viele Lentis ab. Nördlich und nordöstlich von EDVA ließen sich über den Tag teils stabile teils sich immer wieder aufbauende sich kondensierende Lentis beobachten. östlich des Platzes, so der Eindruck der anderen Piloten, kam eine Lenti Front nach ca dreimaliger Auflösung immer näher in Platzrichtung. Die Fotos werden von Jörg nachgeliefert. Da der Wind zu stark war, um sicher zum Hang zu gelangen, versuchte ich mit einem überglücklichen und leicht aufgewühlten Jörg in die Leewelle mit der ASK 13 zu gelangen und wir flogen nördlich von EDVA direkt über Bad Gandersheim in ca 300m Höhe mit einem „Nullschieber“ entlang der Bahntrasse. Auf unseren Hinweis sind - da sonst unüblicherweise keine Bärte oder Thermik zu finden waren - die anderen Piloten auch Akaflieg Gö und Alfeld hingeflogen und konnten sich dort  halten.
Gegen ca. 15 Uhr UTC konnte man nun den südlich vom Platz gelegenen  Sebexer Hang erreichen. Dieser trug mit Steigwerten von 0-0,5 m/s. man mußte also ordentlich arbeiten - auch weil viele andere Piloten dem Duo Jörg/Martin in der ASK 13, Herbert in der ASW 19 und mir mit meiner Ka8 mit weiteren 8 Fliegern dorthin folgten. Alle Piloten versuchten nach den Erzählungen sehr langsam zu fliegen um das Steigen möglichst lange auszunutzen. Mit der Ka8 konnte ich so bei minimaler Geschwindigkeit von 50km/h in ca 700m Höhe letztlich nach etwas rauher werdender Luft offensichtlich in 750m in die Welle einsteigen. Diese trug mich in einem Band längs des Höhenzuges mit Werten von 1-1,5m in bis zu 1250m Höhe, wo ich wegen Sunset abbrechen mußte. Die Steigwerte waren sehr stabil und die Luft extrem ruhig. nördlich dieser Welle also in Platzrichtung ging es mit Werten bis zu 3m/s dann aber auch runter. 2km südlich, wo Tobi und ich uns teils hin wagten, war ein schmaler Streifen Fallen gefolgt von einer Wellenfront mit geringeren Steigwerten.
Im Nordosten konnte man die breite und langgezogene Kaltfront erkenne, die immer näher kam. Ab ca 1000m wurde die Bodensicht teils voraus mit einer braun-grauen Dunstglocke eingetrübt. 
Dieser Flug wurde dann noch gekrönt mit einer wunderschönen tiefen roten Sonne die unter der Front wieder hervorblitzte.
Ein schöner Tag!
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Hinweise für eventuelle, ergänzende  Angaben:
Stärke, Lage  und Höhenbereich von angetroffener Turbulenz?          in ca. 700m wurde es etwas „ruppig“
Stärkeres Fallen wo angetroffen?
Nördlich vom Hang und östlich und westlich vom Platz waren Fallen bis zu 2-3m den ganzen Tag konstant zu finden 
Kleinräumige Gebiete maximalen Steigens eingelagert?       ja, leider gab es nur sehr enge Steigwerte bis 2m/s
Lage des Steiggebietes zur Windrichtung: Rechtwinklig?     ja


Bericht Jörg Dummann, Bad Gandersheim:

Endlich wieder einmal Welle in Gandersheim! Wenn sich auch die fliegerische Ausbeute zahlenmäßig im bescheideneren Rahmen hält, war es doch ein sehr interessanter und schöner Tag. (Sorry - ich kann mich da nicht kurz fassen:)

Schon auf der morgendlichen Fahrt von Kassel nach Gandersheim fielen mir weit im Norden am Horizont As-Felder mit "verdächtigen" Formen ins Auge. Auf dem Platz angelangt, bestätigte sich dies: nördlich des Platzes E-W-erstreckt stand ein Lenti - geschätzt über der Heberbörde, vielleicht bei Lamspringe. Aber das Schätzen ist so ja nur sehr unzuverlässig möglich. Der Bodenwind kam mit 6/7 m/s aus SW.
Der Aufbau des Starts erfolgte nach "mentaler Konstituierung" der Sportsfreunde zügig. Der Lenti im N hatte harzwärts (E) Nachbarn bekommen, welche eine sich sehr weit erstreckende tragende Linie kennzeichneten. Dieser weiträumigen, wie mit dem Lineal gezogenen Linie (vgl. gn040918a.jpg) kann ich in der vorgefundenen Dimension keine Entsprechung im vorgelagerten Relief zuordnen (bestenfalls die westliche Leinetalgrabenschulter mit dem markanten Höhenzug der Ahlsburg).
Die Situation ließ darauf hoffen, von unseren südlich des Platzes gelegenen SW-Hängen aus in eine - der Lenti- markierten Welle - womöglich luvwärts vorgelagerten Schwingung (Ahlsburg als Auslöser?, vgl.o.)) einsteigen zu können, da ein Erreichen der Lentis im N aus der Winde mit Rückenwind im Sinne eines drohenden "they-never-come-back-Erlebnisses" risikoreicher erschien. Dabei ließ die Erfahrung aus früheren Wellenlagen auch die Möglichkeit wahrscheinlich erscheinen, daß die Hänge trotz ausreichenden Windes nicht tragen würden, da sie im Abwindbereich der Wellenschwingung liegen könnten. Dann hieße die Devise weiter ins vorgelagerte Tal vorzufliegen.
Schon die beiden ersten Starts brachten - natürlich - Klarheit: Die Hänge trugen nicht, an ein weiteres Vorfliegen luvwärts war nicht zu denken. Es ging unablässig, vom Ausklinken, Vorfliegen soweit man sich eben traute, bis zur Landung, mit 2-3 m/s 'runter!
Es blieb die Alternativmöglichkeit, es nun doch im N über der Stadt Gandersheim zu versuchen. Wir hatten schon Lagen gehabt, bei denen es ab Bhf Gandersheim im ganzen Tal nach E getragen hatte. Aber bei der weit nördlich gelegenen Position des markierten Kulminationspunktes erschien dies unwahrscheinlich. Aber "Versuch macht kluch" (wie unser Achim Fischer immer sagt): Und tatsächlich - was ich erhofft, aber nie erwartet hatte - über dem Bhf Gan, ca. 500m N unseres mit 2-3 m/s behafteten Queranfluges, trug es - nicht regelmäßig, zeitweilig mit 0,5 m/s Steigen, dann wieder mal 0,5 bis 1 m/s Fallen. Auf diese kurze räumliche Distanz, bei der doch offenbar weit ausgedehnten Wellenstruktur, eine ganz andere Situation!
Für den Anschluß reichte es aber leider nicht - der Göttinger Astir hielt sich aber ca. 15 - 20 min in 350m (QFE Gan).
Ein höherer Einstieg, F- Schlepp, mußte her! Aber wie es dann so ist: der Morane fehlt noch der Rückspiegel und die Remo war irgendwie in die zeitgleich bei uns auf dem Platz einfallende Niedersachsen-Rally der motorisierten Kameraden verwickelt...
Am frühen Nachmittag übernahm dann die - allerdings nicht ausfliegbare... - thermische Konvektion das Heft. Der Wind drehte zeitweilig auf S und frischte bis zu 10 m/s auf. Das starke Fallen am Platz war verschwunden, über der Stadt ging es jetzt eher verstärkt 'runter, die Hänge trugen dennoch nicht. Die Lentiaufreihung im N war zunächst immer mal wieder markiert, zeigte nachmittags aber dann eine andere Struktur: es waren nun zwei Schwingungen ENE und NE des Platzes zu beobachten (vgl. gn040918b.jpg), offenbar hatte sich das System irgendwie luvwärts verlagert (oder war die jetzt sichtbare luvwärtige Schwingung vorher nur nicht durch Kondensation markiert gewesen?).
Am späten Nachmittag - offenbar mit Abklingen der Thermik - drehte der Wind wieder auf SW zurück und nahm auch wieder die "Vormittags-Stärke" an. Und siehe da: auf einmal blieb die ASW19 am Hang (südlich des Platzes). Dieser füllte sich nun zügig mit Flugzeugen auf, unter anderem mit der von Martin und mir bewegten K13. Ganz, ganz langsam erreichten wir im Hangwind 380m (QFE Gan). Natürlich immer "waves in our minds" lockte der Standard-Einstiegspunkt weiter östlich über der Autobahn bei Echte. So sprangen wir dann einen Hang weiter nach E - der trug jedoch nur sehr niedrig und auch nur "etwas", so daß wir uns vorsichtig den nahen Konturen folgend und reumütig mit 200m zum 1. SW-Hang zurückretteten.
Da wir nach einiger Zeit wieder unsere Höhe von fast 400m erreicht hatten und der Hang auch erstaunlich weit ins Tal trug, war es Zeit für einen weiteren Versuch, dieses Mal einem Vorstoß talmittig nach W, also Richtung Kreiensen. Wenn es auch fast bis Opperhausen mit 0 vonstatten ging, bezahlten wir auch diesen Versuch weiter westlich - auch direkt an dem dort befindlichen SW-Hang - mit 200m Höhenverlust. Etwa zeitgleich versuchte Jürgen (Bertram) mit dem Twin3 auch einmal "Echte" - im Gegensatz zu uns direkt den Einstiegspunkt erreichend - kassierte aber nur 3 m/s Fallen dort.
Zurück an "unserem" SW-Hang fanden wir die Situation dort erfreulich verändert vor: unten trug es jetzt fast konstant mit 1 m/s! Zwar mit bald auf 0,5 m/s abnehmenden Steigen, aber doch konstant durchstiegen wir so - verglichen mit den Verhältnissen vorher  vollkommen unproblematisch - auch die magische 400m-Grenze. Bei SS hatten wir so 850m erreicht - K8, W19 und LS4 gar 1250m (QFE Gan). Tobias Deinzer (AF Gö, LS4) nutzte die Höhe zum Vorflug nach S und fand ein weiteres Steiggebiet knapp N des Northeimer (Segelflug-)Platzes.
Festzuhalten bleiben zwei interessante Fragen:
Wie können sich die Vormittags- und Nachmittags -Situation bei vergleichbaren Windbedingungen so sehr unterscheiden (vorausgesetzt, die wahrgenommene Situation wurde korrekt interpretiert)?
Wie kommen die Scherungswellen quer zur Bodenwindrichtung in den rechtwinklig dazu ausgerichteten Ac-lent (vgl. gn040918c.jpg) zustande? (Eine übrigens häufiger beobachtete Erscheinung, wenn es auch die eher einleuchtende Variante mit sich parallel zur der Erstreckung der Ac-lent ausgerichteten Scherungswellen ebenfalls zu beobachten gibt.)

Alle Fotos in chronologischer Folge:


Schon auf dem Weg von Kassel nach Bad Gandersheim, bei der Auffahrt auf die A7,
morgens um 9:15 MESZ gab es die ersten Wellenanzeichen
(auf dem Foto sicher nicht eindeutig zu erkennen..)


Direkt auf dem Platz angelangt (gegen 10:15 MESZ): ein Foto nach N mit Lentistrukturen (dunkler!)


Während des Startaufbaus: Blick nach NE (Harz) mit zwei gestaffelten Lentilinien
(Orientierung SE-NW) (dunkler!)


Deutlicher ausgeprägte Ac lent knapp N des Platzes


Scherungswellen an der Inversion E des Platzes (Harz)


Aufreihung von Ac lent knapp N des Platzes


Die gleiche Situation etwas später aus dem Flug (Blick von Gan aus NE)


... und wieder Scherungsellen, Blick ESE (o.l.)


Lenti knapp ENE des Platzes, zergliedert von Scherungswellen +-parallel zur Bodenwindrichtung


...ist das die Lenti-Doppelstruktur, die beim Aufbau (s.o.) weiter im E beobachtet wurde?
Nunmehr mit Winddrehung nach S (vgl. Bericht) weiter nach W verlagert?
Wiederum von Scherungswellen +-parallel zur Bodenwindrichtung zergliedert.


Der - wie oben beschrieben - zergliederte Lenti (Ausschnitt, bzw. knapp später gezoomte Aufnahme)


Lenti mit Scherungswellen N des Platzes


Ein wunderschön ausgeprägter Lenti NW des Platzes (leider auf dem Foto nicht so
gut zu erkennen - ca. doppelte Startwagenhöhe (über eben diesem)


... der Lenti im ENE bildet sich wieder...


...deutlicher...


Blick von Hang nach S.: "hell erleuchtet" die Inversion...


"lonely lenti" über dem Harz - Blick vom Hang nach NE (Kalksteinbruch Winterberg,
Brocken Bildmitte, rechts)


... Blick vom Hang nach S, mit unserem Twin 3 und der Inversion...


...Blick vom Hang nach NE: Winterberg, Brocken, W19 oder LS 4  und (hier versteckter) Lenti...


Blick vom Hang nach SSE, Northeimer Teiche und Inversion


Blick vom Hang nach SSE, Mond, K8, "Kondenskomet" und Inversion...


...und so idyllisch ging's zuende... (mit Inversion)